Der Unterschied zwischen bauphysikalischen
und raumakustischen Gutachten


Bei einem Bauvorhaben wird in der Regel vom Bauphysiker ein Gutachten erstellt, das unter anderem die zu erwartenden akustischen Eigenschaften des Raumes enthält. Was sagt ein solches Gutachten aus?

Bei diesem bauphysikalischen Gutachten geht es um die Einhaltung baulicher Normen. Es geht darum, dass im Raum bei der beabsichtigten Nutzung kein gesundheitsschädlicher Lärm entsteht, und es geht darum, dass das Nachhallverhalten die sprachliche Verständigung nicht erschwert. Es geht auch darum, wie stark Schall durch die Wände nach außen abgegeben wird oder inwieweit beispielsweise der Fußboden beim jedem Schritt ein lautes „Klack“ durch den Raum schickt.

Um hierzu grobe Aussagen zu treffen, wird der Raum gedanklich vereinfacht. In der Regel wird dazu nach dem Sabine-Verfahren vorgegangen: Statt das unterschiedliche akustische Verhalten von Glasfenstern und Mauerwerk zu betrachten, wird die errechnete Gesamt-Schallabsorption des Raumes gleichmäßig verteilt, also jeder Begrenzungsfläche ein durchschnittliches Verhalten zugewiesen. Insgesamt stimmt die Aussage über das akustische Verhalten des Raumes dann wieder.

Im Detail sieht es jedoch anders aus, weil die Wand- und Fensterflächen eben doch individuelle Eigen-schaften aufweisen. So hört ein Besucher, der neben einem Glasfenster sitzt, eine viel hellere Klangfarbe als einer, der neben verputztem Mauerwerk sitzt. Die Glasfront schluckt Bässe und reflektiert Höhen, das Mauerwerk macht es fast umgekehrt.

Für die optimale Gestaltung einer Lautsprecheranlage ist aber genau diese Aufgabenstellung wichtig: Denn nicht der Durchschnitt aller Besucher soll optimal hören, sondern jeder einzelne Besucher. Ein Besucher an einem dumpf klingenden Platz wird das gesamte Geschehen verschnupft und farblos finden – ohne zu wissen, dass dieser Eindruck nur durch die Akustik bedingt ist. Sein subjektiver Eindruck ist negativ. Ein anderer Besucher mit zu grellem Klangbild würde sich am liebsten die Ohren zuhalten. Das gilt es zu vermeiden!

Ein realer Raum ist eben auch in seinem akustischen Verhalten viel zu komplex, um mit einem Durch-schnittswert beschrieben werden zu können. Glasflächen sind in der Regel an den Seiten, selten an der Decke und noch seltener im Boden. Zwischenwände und Emporen stellen Reflexionsflächen dar, die schon bei rein akustischen Schallquellen zu unschönen Echo-Effekten und Klangfärbungen führen kön-nen.

Noch weitaus bedeutender werden diese Details beim Betrieb einer Beschallungsanlage, die gezielt Schall in den Raum abstrahlt. Ein Lautsprecher, der aufgrund der Raumgestaltung neben einer Glasfront platziert wird, ist ganz anders im Raum zu hören als ein anderer Lautsprecher, dessen Schallabstrahlung auf eine Emporenbrüstung trifft, oder auf Fußboden.

Diese wichtigen Feinheiten erfasst das bauphysikalische Gutachten nicht, und es ist auch nicht seine Aufgabe. Es macht lediglich Aussagen über den zu erwartenden akustischen Gesamtcharakter des Raumes, über die Einhaltung baulicher Normen und über die grundsätzliche Eignung für den vorgesehe-nen Zweck. Aber wie sich eine Lautsprecheranlage im Raum verhält, oder gar Hinweise auf günstige Lautsprecheranordnungen und Lautsprecherpositionen ergeben sich aus diesem Gutachten nicht.

Das von uns angebotene raumakustische Gutachten geht ganz anders vor. Hier geht es vorwiegend um Details, nicht nur um Gesamtwerte. Dafür müssen aber die akustischen Parameter deutlich präziser erfasst werden, als es beim bauphysikalischen Gutachten der Fall ist. Beispielsweise wird dort der Amplitudenfrequenzgang im groben Oktavabstand beurteilt, während Beschallungsanlagen mindestens in dreimal so feiner Auflösung (grafischer Terzbandequalizer) oder ganz ohne festes Raster (parametrischer Equalizer) eingemessen werden. Das raumakustische Gutachten arbeitet ebenso fein und betrachtet dabei auch die Anordnung und Verteilung unterschiedlicher Begrenzungsflächen sowie die Differenzen im akustischen Verhalten der unterschiedlichen Baustoffe.

Für das raumakustische Gutachten wird der Raum am Rechner zunächst aufwendig digital modelliert, und zwar mit all seinen unterschiedlichen Elementen, mit Emporen, Decken- und Podiumsflächen, deren Positionen und unterschiedlichen akustischen Eigenschaften. An diesem digitalen Modell lassen sich nun je nach Bedarf unterschiedliche Arten von raumakustischen Analysen durchführen:

• Raumakustische Beurteilung: Allgemeine Parameter wie frequenzabhängige Hallzeitanalyse, Bassverhältnis und Sprachverständlichkeit durch Konsonantenverlust (ALCONS) werden präzise ermittelt, wobei das Nutzungsprofil des Raumes berücksichtigt wird. Empfehlungen für bauliche Maßnahmen werden daraus abgeleitet.

• Lautsprechersimulation: Unterschiedliche Lautsprecherpositionen und -modelle werden hin-sichtlich des zu erwartenden Klangbildes digital simuliert. Die zu erwartenden Wiedergabepegel und die klangliche Klarheit werden in den Normgrößen ALCONS oder STI quantifiziert. Auch der Klangeindruck an einzelnen unterschiedlichen Hörpositionen lässt sich simulieren.

• Modalfeldanalyse: Sie verhindert insbesondere ein dröhnendes Klangbild infolge ungünstiger Platzierung von Basslautsprechern (Subwoofern), deren Abstrahlverhalten infolge der großen Wellenlängen sehr empfindlich auf den Aufstellungsort reagiert.

Zwei Beispiele aus unserer Praxis zeigen den Wert eines solchen Gutachtens auf:

• Ein Kirchenraum, für den bei uns eine Beschallungsanlage beauftragt war, wurde vom Bauphysiker als problemlos eingestuft. Als wir unsere Arbeiten begannen, zeigte der Raum jedoch einen derart intensiven Nachhall, dass trotz hervorragender Komponenten nur eine mäßige Sprachverständlichkeit zu erzielen war. Die Physik lässt sich halt nicht abschalten. Für ein gutes Ergebnis wurden nachträglich aufwendige Maßnahmen in Höhe von etwa 35.000 € erforderlich, um das Erscheinungsbild des Raumes nicht zu beeinträchtigen.

• Die akustische Optimierung des Veranstaltungsraumes eines anderen Kunden wäre nach dem bauphysikalischen Gutachten sehr kostenintensiv gewesen. Unser raumakustisches Gutachten ergab jedoch, dass auch mit sehr gezielten, aber insgesamt deutlich kleineren Maßnahmen schon eine erhebliche Verbesserung zu erreichen war. Hier hat unser Kunde zumindest die Mehrkosten für das raumakustische Gutachten sofort wieder eingespart!

Ein raumakustisches Gutachten erfasst das akustische Verhalten eines Raumes nicht nur in der Summe, sondern im Detail. Dadurch ermöglicht es zwei wichtige Dinge: Erstens wird der späteren Beschallungsanlage ein auf allen Plätzen bereits optimal klingender Raum geboten, so dass die Anlage ihre Stärken voll ausspielen kann. Zweitens werden Fehlinvestitionen und spätere Aus- oder Umbauten von vornherein vermieden.
Die Investition zahlt sich aus – durch ein klareres Klangbild, ein angenehmeres Raumgefühl, bessere Planungssicherheit und einen höheren Nutzwert von Raum und Technik.
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